Dynamic Pricing als Imagerisiko

Dynamic Pricing als Imagerisiko

Dynamische Preisgestaltung ist auch beim Ticketing ein heißes Thema. Sehr zum Missfallen zahlreicher Veranstaltungsbesucher.

Begriffe wie „agil“ oder „dynamisch“ sind aus dem Management-Talk nicht mehr wegzudenken, wenn es um Effizienz und Rationalisierung geht. Dahinter steckt im Grunde die Botschaft, durch rasches Erfassen der Geschäftsumgebung und blitzschnelles Reagieren auf etwaige Änderungen Wachstum generieren zu können. Wobei unstrittig ist, dass dies umso erfolgreicher ist, je mehr Daten über die wichtigsten Parameter vorliegen. Im Grunde also eine weitere Big Data-Anwendung, die durch lern- und leistungsfähige Wahrscheinlichkeitsrechnung, sprich AI/KI-Software, optimiert werden kann.

Das Problem dabei: derzeit handelt es sich bei diesen Lösungen noch um „Work in progress“, es wird also mit unterschiedlichen Algorithmen herumprobiert. Nicht selten entstehen dadurch Ergebnisse, die für Konsumenten nicht nachvollziehbar sind, und dann kann das Vorhaben leicht in das Gegenteil kippen: Kaufverweigerung.

Eingebauter Nudgingeffekt

Mit dynamischer Preisgestaltung lässt sich allerlei bewerkstelligen, um erwünschtes Verhalten zu befördern. Die schwedische Hauptstadt Stockholm hat schon seit vielen Jahren ein Roadpricing-System im Einsatz, das sich nach der aktuellen Auslastung der Straßen richtet. Sind viele Fahrzeuge unterwegs, steigt der Preis, bei wenigen Fahrzeugen sinkt er. Die Einwohner haben sich offensichtlich an das System gewöhnt und ihr Mobilitätsverhalten entsprechend angepasst. Dynamisches Roadpricing wird von der Bevölkerungsmehrheit akzeptiert.

Auch große Supermarktketten arbeiten daran, digitale Preisschilder zu implementieren, auf denen sich Preisänderungen schnell darstellen ließen. Derzeit ist das noch genauso Zukunftsmusik wie der kassenlose Supermarkt, die erforderliche Technologie stünde indes bereit. Sobald ein Anbieter dies konsequent ausrollt, wird die Konkurrenz wohl folgen. Wie rasch die Kundschaft derlei akzeptiert, hängt auch davon ab, ob es Alternativen gibt. Natürlich bedarf es gesetzlicher Rahmenbedingungen, die festlegen, wie oft und unter welchen Bedingungen Preisänderungen vorgenommen werden dürfen.

Bruce Springsteen für 5.000 US-Dollar

Im stets wichtiger werdenden Ticketing steht dynamische Preisgestaltung ebenfalls hoch oben auf der Agenda. Insbesondere Weltmarktführer Ticketmaster tut sich dabei hervor. Seit einiger Zeit fließen verschiedene Parameter in die Preisgestaltung mit ein, was vor allem bei reinen Online-Tickets zum Tragen kommt. Nach offizieller Diktion soll damit der Schwarzmarkt für Konzerttickets bekämpft werden, was allerdings schon Ende Mai dieses Jahres durch einen spektakulären Hack vereitelt wurde, in dessen Zuge bei Ticketmaster mehr als 500 Millionen Kundendatensätze erbeutet wurden. Auch sonst lässt sich wenig erkennen, das für die Kundschaft von Vorteil sein könnte.

Somit bleibt zu vermuten, dass Dynamic Pricing schlicht der Profitmaximierung dienen soll. Aber auch dabei hakt es, denn der verwendete Algorithmus sorgt für teils abstruse Ticketpreise, vor allem bei stark nachgefragten Künstlern. So sollten für die anstehende Oasis-Reunion-Tour 2025 bis zu 350 Britische Pfund bezahlt werden, in den USA gar 5.000 US-Dollar für ein Bruce Springsteen-Konzert. 

Bogen überspannt

Dass solch enorme Preisschwankungen für Unmut bei den Besuchern sorgen, ist naheliegend. Der Unmut richtet sich aber auch gegen die zunehmende Oligopolisierung der Ticketing-Branche. Insbesondere der 2010 entstandene Verbund aus Ticketmaster und Live Nation erhitzt dabei immer wieder die Gemüter, auch in Wien.

So sollte für den Bau der geplanten Wien Holding Arena St. Marx zunächst die US-Firma Oak View zum Zuge kommen, welche ein Naheverhältnis zu Ticketmaster/Live Nation unterhält. Nach erfolgreichem Protest des zweiten Bieters CTS/Eventim wurde diesem nun die Aufgabe übertragen. Auch dies ist nicht unproblematisch, zumal CTS/Eventim im deutschen Sprachraum eine ähnlich dominante Stellung innehat wie Live Nation. Über kurz oder lang droht also just jene Vielfalt verloren zu gehen, die der Freie Markt für eine gedeihliche Konkurrenz benötigt.

Foto: symson.com

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Quelle: Messe & Event Magazin

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